Von Chad Carlberg und Anders Karlsson
Product Specialist & Product Specialist
Thomson Industries, Inc.
www.thomsonlinear.com
thomson@thomsonlinear.com
Seit einiger Zeit beobachtet man bei Thomson Industries eine steigende Kundennachfrage nach besserem Eindringungsschutz (IP-Schutzart) für industriell einsetzbare Linearaktuatoren. Parallel dazu steigt auch das Interesse an erweiterten Ansteuermöglichkeiten für diesen Typus der Linearantriebe. Wo liegen die Ursachen für diese Trends, und auf welche Weise reagieren die Hersteller darauf?
Sogenannte Industrie-Aktuatoren leisten bereits seit vielen Jahren ihren Dienst in rauen Umgebungen. Vor kurzem sind jedoch die umwelttechnischen Mindestanforderungen für Einsatzbereiche wie Landwirtschaft, Bauwirtschaft, Gartenbau, Gesundheit, Fitness und Medizin, sowie auch in der Industrie deutlich strenger geworden. Was hat sich also aus welchem Grund geändert, während das Schutzarten-System unverändert geblieben ist?
Die IP-Schutzart eines Gerätes gibt an, im welchem Maß sein Gehäuse einen Schutz gegen das Eindringen von Fremdkörpern bietet. (IP steht neben International Protection besonders im englischsprachigen Raum für Ingression Protection, also den Schutz gegen Eindringen.) Die erste IP-Kennzahl steht dabei für den Schutzgrad gegen Fremdkörper und die zweite für den gegen Feuchtigkeit bzw. Wasser. Tabelle 1 erläutert die einzelnen Ziffern.
IP-Schutzart |
Erste Ziffer Eindringen von Fremdkörpern |
Zweite Ziffer Eindringen von Feuchtigkeit |
0 |
Kein Schutz |
Kein Schutz |
1 |
Geschützt gegen feste Fremdkörper ab 50 mm Durchmesser |
Schutz gegen Tropfwasser oder Kondensation |
2 |
Geschützt gegen feste Fremdkörper ab 12,5 mm Durchmesser |
Schutz gegen fallendes Tropfwasser, wenn das Gehäuse bis zu 15° geneigt ist |
3 |
Geschützt gegen feste Fremdkörper ab 2,5 mm Durchmesser |
Schutz gegen fallendes Sprühwasser bis 60° gegen die Senkrechte |
4 |
Schutz gegen fallendes Sprühwasser bis 60° gegen die Senkrechte |
Schutz gegen allseitiges Spritzwasser |
5 |
Bedingt geschützt gegen Staub in schädigender Menge |
schädigender Menge Winkel Begrenztes Eindringen möglich. |
6 |
Vollständig Staubdicht |
Schutz gegen Hochdruck-Strahlwasser aus beliebigem Winkel Begrenztes Eindringen möglich. |
7 |
-- |
Schutz gegen zeitweiliges Untertauchen |
8 |
-- |
Schutz gegen dauerndes Untertauchen |
9k |
-- |
Schutz gegen Wasser bei Hochdruck-/Dampfstrahlreinigung aus direkter Nähe |
Für staubige Umgebungen ist IP5X in der Regel die geforderte Mindest-Schutzklasse, da sie zumindest einen begrenzten Schutz gegen Staub bietet. In Bereichen mit höherer Belastung, wie bei der Holzverarbeitung oder Papierherstellung, ist hingegen eher IP6X angemessen, da hier das Eindringen von Fremdkörpern vollständig verhindert wird. Bei einer Anwendung im Außenbereich kann ebenfalls IP6X notwendig sein, damit starker Regen keinen Schaden verursacht. Ist ein Aktuator jedoch kurzzeitig in Wasser eingetaucht, kommt nur IPX7 infrage, während bei Anwendungen mit noch größerem Schutzbedarf gegen Feuchtigkeit und Nässe möglicherweise die Schutzart IPX9K geeignet wäre. Ein Beispiel hierfür wären alle Arten mobiler Arbeitsmaschinen. Tatsächlich geben zahlreiche der großen Land- und Baumaschinenhersteller IPX9K für die Bauteile an, da ihre Maschinen häufig per Dampfstrahl gereinigt werden.
Ein verbreitetes Missverständnis zu den IP-Schutzarten besteht in der Annahme, dass eine höhere IP-Einstufung automatisch einen besseren Schutz bedeutet. Das ist jedoch nicht notwendigerweise der Fall, da ein Gerät mit IP68K nicht automatisch IP67 erfüllen muss. Genauso erfüllt IP67 nicht zwangsläufig IP66. Jede einzelne Schutzart ist auf bestimmte Tests abgestimmt, die nicht aufeinander aufbauen. Beispielsweise erfolgt ein IPX6-Test an einem stationären Gerät, das einem direkten Wasserstrahl ausgesetzt wird. Ein Untertauchen wird dagegen nicht geprüft, wie es bei einem Test für IPX7 oder IPX8 der Fall wäre. Die Intensität des Wasserstrahls bei Tests zum Eindringschutz kann von fallenden Wassertropfen bis zum Strahl eines Feuerwehrschlauchs reichen, der aus verschiedenen Winkeln auf das Gerät gerichtet wird. Tests zu den Schutzklassen IPX7 und IPX8 beinhalten ein vollständiges Eintauchen in Wasser, wohingegen bei IPX6 nur auf direktes Spritzwasser getestet wird.
Ein Faktor, der diese erhöhten Anforderungen an die Widerstandsfähigkeit gegen Umgebungseinflüsse befördert, ist die vermehrt in den Aktuatoren integrierte Intelligenz: Sie macht einen besseren Schutz der eingebauten Elektronik gegen eindringende Feuchtigkeit notwendig.
Mehr Intelligenz im Aktuator
In der Vergangenheit wurde die Bewegungsrichtung der Aktuatoren angesteuert, indem die Polrichtung des Speisestroms geändert wurde. Wenngleich einfach, blieben bei dieser Art der Ansteuerung eine Reihe von Problemen ungelöst: Was passiert, wenn der Aktuator am Ende des Hubwegs nicht umgeschaltet wird und wie ermittelt man die momentane Stellung des Aktuators? Außerdem mussten bei hohem Leistungsbedarf zwischen Steuerung und Aktuator entsprechend dicke Kabel verlegt werden. Im Laufe der Jahre wurde man dieser Probleme mit Hilfe von Endlagenschaltern, Überlast-Kupplungen und Stromspitzen-Abschaltmechanismen Herr, die den Aktuator am Ende des Hubwegs schützen. Darüber hinaus lässt sich die Hubbewegung mit einem Potentiometer- oder einem Stellungsgeber-Rückmeldesignal auf eine absolute oder berechnete Position steuern. Ebenso wurde das Schalten mit hoher Stromstärke in den Aktuator verlagert, sodass außerhalb nur mit Niederstrom geschaltet wird.
Heutige Aktuatoren sind mit ausgefeilten Steuerschaltkreisen erhältlich, die eine optimierte, zuverlässige und zudem sichere Verstellbewegung ermöglichen. Die im Aktuator eingebaute Intelligenz ermöglicht Funktionen wie die Lastüberwachung, die Überlast-Erkennung in Mittelstellung, den Sanftanlauf und natürlich eine hochpräzise Positionierung.
Intelligente Aktuatoren können für bestimmte Aufgaben sowohl am Gerät selbst programmiert werden als auch ihr Steuersignal über einen Datenbus von einer zentralen Steuereinheit erhalten. Eine zentrale Steuereinheit bietet eine hohe Flexibilität und deckt gleich mehrere Anwendungsszenarios innerhalb einer Maschine oder Maschinen- Baureihe ab, die mit mechanisch identischen Aktuatoren arbeiten.
Sind die Aktuatoren an einem Datenbus angeschlossen, kann die Steuereinheit zudem Parameter wie Position, Status, Verstellgeschwindigkeit und Kraft der einzelnen Komponenten überwachen. Diagnose- und Störungsinformationen werden an die Steuerung zurückgegeben, die daraufhin mögliche Probleme erkennen und Warnmeldungen ausgeben kann, wenn ein notwendiger Austausch des Aktuators bevorsteht. Darüber hinaus ersetzt die eingebaute Intelligenz der Aktuatoren Hilfssysteme wie Endlagenschalter, sodass nicht mehr wie bisher lange Kabel aufwendig durch die Maschine geführt werden müssen. Die externe Steuerung kommt ohne Relais und MOSFET-Transistoren aus, es treten keine Hochstromspitzen auf und der Strombedarf sinkt, sodass sich ein geringerer Energieverbrauch ergibt. Damit wird die gesamte Installation zudem deutlich kompakter. Konstrukteure erhalten auf diese Weise mehr Möglichkeiten, die Ergonomie der Maschinen zu verbessern und einen größeren Funktionsumfang zu realisieren.
Dank der zuverlässigen Ansteuerung eines Aktuators über einen Datenbus kann er darüber hinaus in größerer Entfernung vom Bedienelement montiert werden. Das heißt, die Bediener müssen bei rauen Einsatzbedingungen keinen potenziell gefährlichen Situationen ausgesetzt werden.
Herstellung eines modernen Aktuators
Angesichts der Kunden, die einerseits besser geschützte Aktuatoren spezifizieren und mehr integrierte Intelligenz fordern, stehen die Hersteller vor mehreren Herausforderungen: Im Aktuator muss ausreichend Platz vorgesehen werden, um die Elektronik aufzunehmen. Die Feuchteentwicklung muss zusammen mit den starken Temperaturschwankungen berücksichtigt werden. Aus diesen Gründen ist ein Belüftungs- und Abdichtungssystem erforderlich, das die entsprechenden IP-Tests besteht.
Am stärksten gefährdet ist ein Aktuator im ausgefahrenen Zustand. Gerade in dieser Stellung muss die Zuverlässigkeit der Dichtung zwischen Gehäuse und Kolbenstange unter den extremsten Bedingungen getestet werden. Ein Abstreifer reinigt die Kolbenstange beim Ein- und Ausfahren, sodass weder Schmutz noch Wasser ins Gehäuse gelangen können. Nicht selten werden zudem größere Temperaturbereiche verlangt, was sich auf die Auswahl der Werkstoffe für Abstreifer und Dichtung auswirkt. Für Hersteller ist es extrem schwierig, die Schutzarten IP67 oder IP69K zu erreichen, sodass die meisten auf dem Markt erhältlichen Produkte für IP65 zertifiziert sind.
Neben den höheren Schutzarten benötigen viele Maschinenhersteller, beispielsweise für die Landwirtschaft, Komponenten, die unempfindlich gegen Chemikalien wie Düngemittel, Hydrauliköl und Bremsflüssigkeit sind. Diese Flüssigkeiten können sowohl Kunststoffe als auch Metalle angreifen, sodass hier die Wahl des Dichtungswerkstoffs von entscheidender Bedeutung ist.
Hersteller wie Thomson Industries haben Aktuatoren in ihrem Produktangebot, die je nach Anforderung IP66, IP67 und IP69K erfüllen. Die Produktingenieure von Thomson nutzen extreme Testszenarios, um die Widerstandsfähigkeit ihrer Aktuatoren zu verifizieren – beispielsweise die des Max Jac® und des Electrak® Drosselklappen- Aktuators, die für einige der anspruchsvollsten Einsatzumgebungen entwickelt wurden. Die Tests schließen die gebräuchlichsten Chemikalien ein, um die Schutzfunktion von Gehäuse und Dichtung sicherzustellen. Darüber hinaus werden die besonders für mobile Maschinen relevanten kombinierten Belastungen durch Vibrationen, Temperaturschwankungen und Chemikalien simuliert. Die Aktuatoren von Thomson lassen sich präzise auf die Nutzungsanforderungen anpassen, zum Beispiel durch die Beschichtung mit speziellen Lacken oder für besondere Einsatzbedingungen.
Aktuatoren-Hersteller sehen sich der Herausforderung gegenüber, auf die heutigen Anforderungen nach Maschinen mit mehr Intelligenz und erhöhter Sicherheit zu reagieren. Zu den weiteren Trends, von denen Thomson-Ingenieure in Verbindung mit intelligenter Steuerung und hoher IP-Schutzart berichten, gehört der Wunsch nach höheren Traglasten und kompakteren Bauformen. Durch die hierbei gewonnene verbesserte Effizienz sind Konstrukteure in der Lage, ihre Maschinen mit einem höheren Nutzwert auszustatten und sich auf diese Weise einen Wettbewerbsvorteil zu sichern.
Die Aktuatoren-Entwickler von Thomson können auf mehr als 40 Jahre Erfahrung beim Umsetzen von Kundenwünschen und Aufspüren wichtiger Trends zurückgreifen. Als Reaktion auf die diversen Kundenbedürfnisse betreibt das Unternehmen ein kontinuierliches Forschungs- und Entwicklungsprogramm. Ziel ist es, Maschinenhersteller mit Produkten zu versorgen, die auf aktuelle Marktentwicklungen optimiert sind – ohne jedoch die Leistung der Maschinen zu beeinträchtigen.